Primel

Primeln in der Literatur

„Primrose, first-born child of Ver,
Merry spring-time’s harbinger“

„Primel, erstgeborenes Kind des Frühlings,
Fröhlicher Frühlingsbote“
(Shakespeare: The Two Noble Kinsmen, Die zwei edlen Verwandten, Akt 1, Szene 1)

Im Wintermärchen bedauert Shakespeare die Pflanze, die nie einen Sommer erleben kann:

„…pale primroses,
That die unmarried, ere they can behold
Bright Phoebus in his strength…“

„…blasse Primeln,
die unverheiratet sterben,
ehe sie die helle Sonne in ihrer ganzen Kraft erblicken…“
(The Winter’s Tale, Das Wintermärchen, Akt 4, Szene 4)

Blass sind unsere Primeln, die wir im Gartencenter kaufen, natürlich nicht. Aber wer diese schon einmal ausgepflanzt hat, wird sich wundern, wie schmächtig sie im nächsten Jahr sind. Sie haben dann auch längst nicht die Farbenpracht, wenn sie draußen erblühen.
An natürlichen Standorten ist die Art gefährdet und streng geschützt.

Noch einmal zu Shakespeare: In Hamlet und Macbeth bedeutet der „primrose path“ bzw. der „primrose way“ (im Gegensatz zu einem dornigen Weg), dass derjenige, der den Primelpfad begeht, ein leichtes und vielleicht auch sündhaftes Leben lebt.

Es gibt auch einige deutsche Gedichte, in denen die Primel vorkommt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob tatsächlich die Primel gemeint ist, oder vielleicht die Schlüsselblume, die ja zur gleichen Gattung gehört.

Ein schönes Gedicht, das auf die Gartenprimel passt, stammt von Rainer-Maria Rilke.

„Nimmer will ich höher streben, denn ich lieb mein schlichtes Kleid.
Glaub, das höchste Glück im Leben liegt in der Zufriedenheit.“

Stechpalme

Stechpalme in der Literatur

Auch die Stechpalme, englisch Holly, erwähnt Shakespeare nur an einer einzigen Stelle in seinen Stücken. Sie kommt in einem Lied vor, das von der Undankbarkeit der Menschen handelt, und mit „Blow, blow, thou winter wind“ beginnt:

„Heigh-ho, sing heigh-ho!
Unto the green holly,
Most friendship is feigning,
most loving mere folly.
Then heigh-ho, the holly!“

„He-ho, singt he-ho, singt dem grünen Ilex. Meist ist Freundschaft Schein, meist Lieben bloße Narretei. Dann he-ho, der Ilex.“
(As you like it, dt: Wie es Euch gefällt, Akt 2, Szene 7, Zeile 174)

Die obige Reclam-Übersetzung ist auf Anhieb nicht recht verständlich. Erich Fried übersetzt „unto the green holly“ mit „Im Wald wohnt die Wahrheit“.
In der Übersetzung von Schlegel heißt es „Den grünenden Bäumen, … Drum heisa den Bäumen!“
Damit wird klarer, dass Shakespeare im Wald – in der Stechpalme – meiner Meinung nach ein Stück Wahrhaftigkeit sieht, im Gegensatz zur Menschenwelt in seinem Schauspiel.

Auch wenn Shakespeare die Stechpalme nur an der einen Stelle erwähnt, soll sie damals auch in England durchaus beliebt gewesen sein, zum einen als attraktive und undurchdringliche Hecke, zum anderen als Symbolpflanze im Weihnachtsschmuck, da sie immergrün ist und schöne rote Beeren trägt.

In der Literatur gibt es dazu zahlreiche Verweise – und zwar aus allen Teilen der Welt und zurück bis in die Antike. Die Stechpalme sollte vor allem Böses vom Haus fern halten. Vermutlich wurde sie wegen ihrer stachligen Blätter dazu auserkoren. Außerdem wurden Pflanzen, die den Winter über grün blieben, als Symbol für Unsterblichkeit gesehen.

Die Pflanze ist in verschiedenen Naturräumen Deutschlands verbreitet, in Bayern nur an wenigen Stellen in den Alpen und im Alpenvorland.
Der Name Ilex leitet sich von dem lateinischen Namen der Steineiche, Quercus ilex, ab, die ähnliche Blätter besitzt.

Auch Goethe war die Stechpalme bekannt. Er hatte laut Wikipedia sogar einen Spazierstock aus ihrem Holz. In seinen teilweise recht frechen Gedichten „Parabolisch“ schreibt er:
„Im Vatikan bedient man sich Palmsonntag echter Palmen… … Muß im Gebirg zu diesem Brauch Stechpalmen gar verwenden.“
In seiner nicht immer ganz respektvollen Charakterisierung der Lieder aus „Des Knaben Wunderhorn“  kann man auch lesen, dass im „Bayrischen Alpenlied“ mit dem Palmbaum die Stechpalme gemeint ist. Er schreibt: „Allerliebst, nur wird man vonherein irre, wenn man nicht weiß, daß unter dem Palmbaum die Stechpalme gemeint ist“. Hier die ersten beiden Strophen des Lieds:

„Der Franz läßt dich grüßen
Gar hoch und gar fest,
Vom Palmbaum hoch sprießen
Gar vielerley Aest.
Mit grünblauer Seiden
Ein Kränzlein hängt dran,
Drum sollt du wohl meiden
Ein anderen Mann.“

Viel gäbe es noch zu sagen, vielleicht noch ein Detail, das mir vorher nicht bekannt war. Hollywood verdankt seinen Namen der Stechpalme, die in der englischen Sprache Holly heißt.

Mistel

Mistel in der Literatur

Shakespeare erwähnt die Mistel (englisch Mistletoe) in seinem gesamtem Werk ein einziges Mal:

„The trees, though summer, yet forlorn and lean,
Overcome with moss and baleful mistletoe.“

„Die Bäume sind, obwohl es Sommer ist, doch kahl und dürr, bedeckt mit Moos und unheilvoller Mistel.“
(Titus Andronicus, Akt 2, Szene 3, Zeile 94)

Die Mistel lebt halb-parasitisch auf Laubbäumen und wird durch Vögel verbreitet, die die unverdauten Samen auf Ästen hinterlassen. Die Samen keimen, die Pflanzen dringen mit speziellen Organen in einen Ast ein und ziehen sich so Wasser und Nährstoffe aus dem Baum. Da sie jedoch grüne Blätter entwickeln, bauen sie durch Photosynthese Zucker und andere Baustoffe selbst auf.
Die Mistel blüht früh im Jahr und behält ihre weißen Früchte über den Winter.

Da die Mistelbüsche oft erst gut zu sehen sind, wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben, ist die Mistel ein Symbol des Winters und vor allem der Wintersonnenwende. Das Licht kehrt zu dieser Zeit wieder und daher ist die Mistel ein Symbol für Glück und Hoffnung auf Fruchtbarkeit. Daher kommt auch der Brauch, sich unter einem Mistelzweig zu küssen.
Die Mistel ist in Deutschland häufig. Sie wurde in Teilen aber vor weniger als 100 Jahren fast ausgerottet, als die Mistel auch in Deutschland zum Weihnachtsschmuck wurde. In England und Frankreich spielte sie hierfür bereits lange Zeit eine Rolle.
Woher der Name Mistel kommt, ist angeblich unklar. Der lateinische Name Viscum kommt vermutlich von „klebrig“, da aus den Beeren ein klebriger Leim gewonnen werden kann.

Die keltischen Priester, die Druiden, die vor mehr als 2000 Jahren lebten, hielten diejenigen Misteln für von Gott gesandt, die auf den von ihnen verehrten Eichenbäumen wuchsen. Sie galten als Schutz gegen Böses und als Fruchtbarkeitsbringer. Fast jeder kennt den Brauch, sich unter einem Mistelzweig zu küssen. Er lässt sich auf die Mistel als heidnisches Fruchtbarkeitssymbol zurückführen.
Auch in der germanischen Sagenwelt ist die Mistel zu finden. Ein Pfeil aus Mistelholz bringt den Sonnengott zu Fall und etabliert die Herrschaft des Wintergotts.