Nelken (und Shakespeare)

In diesem Beitrag geht es um Nelken – und ein wenig um Shakespeare. Shakespeare und Pflanzen sind ein fast unerschöpfliches Thema. So viele Blumen, Bäume und Nutzpflanzen hat er in seinen Werken erwähnt.
Hier also etwas zu den Nelken, passend zur Jahreszeit, denn sie blühen jetzt im Juni gerade in den Gärten.
 

In Shakespeares Wintermärchen erwähnt Perdita die Nelken (engl. carnations und gillyvors), die auf manche Menschen gekünstelt wirken:

„… the fairest flowers o’ th’ season
Are our carnations and streak’d gillyvors,
Which some call nature’s bastards …“
(The Winter’s Tale, Akt 4, Szene 4)

„… sind die schönsten Blumen der Jahreszeit
unsere Nelken und unsere gestreiften Gartennelken,

die manche der Natur Bastarde nennen …“
(Das Wintermärchen, Übersetzung Reclam)

Drei verschiedene Nelken bei Shakespeare

Shakespeare verwendet drei verschiedene Gartennelken in seinen Werken – gillyvors, carnations und pinks. Wie sie sich zur damaligen Zeit unterschieden haben, vermag man heute, nach gut 400 Jahren, nicht mehr  genau zu sagen. Es gibt unterschiedliche Theorien.
Manche Quellen gehen davon aus, dass die Namen austauschbar waren, was ich aber nicht glaube. Ich denke, es ist einfach so lange her, dass das Wissen darüber letztlich verloren gegangen ist.
Über gillyvors und carnations ist im Zitat oben zu lesen, die Sorte namens pinks findet man im Schauspiel „Romeo und Julia“.
Mercutio und Romeo unterhalten sich:

M: „Nay, I’m the very pink of courtesy.“
R: „Pink for flower.“
M: „Right.“
R: „Why, then is my pump well-flowered.“
(Romeo and Juliet, Akt 2, Szene 4)

Die folgende Reclam-Übersetzung hält sich als Schulübersetzung an den Wortlaut des Originals. Im Kommentar dazu steht jedoch, dass Shakespeares Text vor genialen Wortspielen strotzt, die eigentlich nicht ins Deutsche übersetzbar sind.

„Nein, ich bin eine wahre Nelke an Freundlichkeit.
Nelke für Blume.
Richtig.
Wie, dann hat mein Tanzschuh eine schöne Blume.“
(Romeo und Julia, Reclam Übersetzung)

Viel Spaß beim Sinn-Ergründen!

Gerard’s Herbal von 1595

In dem Pflanzenbuch, das Shakespeare verwendete, nämlich Gerard’s Herbal von 1595, sind den Nelken zwei Kapitel gewidmet.
In dem einen schreibt er über gillyvors (Gillofloures, es gibt aber auch noch an die 20 weitere Schreibweisen) und carnations, die sich seiner Beschreibung nach nur in der Größe der Blätter und Blüten unterscheiden.
Das andere  Kapitel handelt von den pinks, die zart und klein sind, doppelte Blütenansätze haben, und ebenso schön und wohlriechend sind wie die größeren Sorten.

Kräuterbuch von Leonhart Fuchs von 1543

Im Kräuterbuch von Leonhart Fuchs, einem Pionier der Botanik in Deutschland, findet man drei Bilder von Nelken, die er unter dem Kapitel „Negelblumen“ zusammenfasst. Er nennt Namen wie Wild Negele, Dondernegele und Zame Negele.
Sie alle gehören botanisch zur Gattung Dianthus in der Familie Nelkengewächse, den Caryophyllaceae.

Etymologie der Namen

Über die Herkunft der englischen Namen habe ich viel gelesen. Hier ist nur ein wenig aus verschiedensten Quellen (Wikipedia, diverse Bücher über Shakespeares Pflanzen) zusammengestellt.
Der Name gillyvors lässt sich zurückführen auf „clove“, die Gewürznelke. Diese riecht ja ebenfalls nelkenartig, ist aber botanisch gesehen keine Nelke, sondern ein Myrtengewächs.
Der Name carnations kommt von coronae, Kranz, und coronation, Krönung, und nimmt Bezug auf Girlanden oder Kränze, die damals gerne mit Nelken bestückt wurden. Eine andere Interpretation ist, dass der Name von der haut- oder fleischfarbenen Färbung, also vom lateinischen Wort carne für Fleisch herkommt.
Die Herkunft des Namens pinks ist unklar. Eventuell soll es vom deutschen Pinksten / Pfingsten kommen, so eine Referenz aus dem 19. Jahrhundert. Was aber übereinstimmend zu lesen ist – die Farbe pink basiert auf dem Pflanzennamen und nicht umgekehrt.
Der deutsche Name Nelke kommt von Nägeli / Nagel, da die Knospen der Gartennelken der Gewürznelken-Knospe ähneln – sie sehen (mit einiger Fantasie) ebenfalls wie ein Nagel mit Stiel und Kopf aus.