Primel

Primeln in der Literatur

„Primrose, first-born child of Ver,
Merry spring-time’s harbinger“

„Primel, erstgeborenes Kind des Frühlings,
Fröhlicher Frühlingsbote“
(Shakespeare: The Two Noble Kinsmen, Die zwei edlen Verwandten, Akt 1, Szene 1)

Im Wintermärchen bedauert Shakespeare die Pflanze, die nie einen Sommer erleben kann:

„…pale primroses,
That die unmarried, ere they can behold
Bright Phoebus in his strength…“

„…blasse Primeln,
die unverheiratet sterben,
ehe sie die helle Sonne in ihrer ganzen Kraft erblicken…“
(The Winter’s Tale, Das Wintermärchen, Akt 4, Szene 4)

Blass sind unsere Primeln, die wir im Gartencenter kaufen, natürlich nicht. Aber wer diese schon einmal ausgepflanzt hat, wird sich wundern, wie schmächtig sie im nächsten Jahr sind. Sie haben dann auch längst nicht die Farbenpracht, wenn sie draußen erblühen.
An natürlichen Standorten ist die Art gefährdet und streng geschützt.

Noch einmal zu Shakespeare: In Hamlet und Macbeth bedeutet der „primrose path“ bzw. der „primrose way“ (im Gegensatz zu einem dornigen Weg), dass derjenige, der den Primelpfad begeht, ein leichtes und vielleicht auch sündhaftes Leben lebt.

Es gibt auch einige deutsche Gedichte, in denen die Primel vorkommt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob tatsächlich die Primel gemeint ist, oder vielleicht die Schlüsselblume, die ja zur gleichen Gattung gehört.

Ein schönes Gedicht, das auf die Gartenprimel passt, stammt von Rainer-Maria Rilke.

„Nimmer will ich höher streben, denn ich lieb mein schlichtes Kleid.
Glaub, das höchste Glück im Leben liegt in der Zufriedenheit.“

Schneeglöckchen

Sehnlichst erwartet blühen Schneeglöckchen oftmals schon, wenn noch Schnee liegt.

Theodor Storm (1817-1888) schrieb treffend in seinem Gedicht „März“:

Und aus der Erde schauet nur
Alleine noch Schneeglöckchen;
So kalt ist noch die Flur,
Es friert im weißen Röckchen.

Im englischen Sprachraum nennt man Schneeglöckchen „snowdrops“. Ein hübscher Name.
Dazu noch ein passendes Gedicht: „The Snowdrop“ von der interessanten englischen Dichterin Anna-Laetitia Babauld (1743-1825).

Already the Snowdrop dares appear,
The first pale blossom of th‘ unripen’d year;
As Flora’s breath, by some transforming power,
Had chang’d an icicle into a flower,
Its name and hue the scentless plant retains,
And winter lingers in its icy veins.

Viele Gedichte und Märchen wurden über das Schneeglöckchen geschrieben. Gesammelt sind einige davon auf folgender Webseite:

http://www.galanthomanie.de/schneegloeckchengedichte/galanthus_gedichte.html

Im Garten gibt es viele verschiedene Arten und Sorten, die zum großen Teil aus Südost-Europa kommen. In Deutschland heimisch ist nur Galanthus nivalis, also eine einzige Art.

Das Schneeglöckchen gehört zu den Narzissengewächsen, den Amaryllidaceae. Es hat sechs Blütenblätter, die sich bei schlechtem Wetter oder auch in der Nacht schließen. Drei der Blütenblätter sind relativ kurz und haben eine hübsche grüne Zeichnung.

Die Vegetationsperiode ist sehr kurz. Innerhalb ein paar Monaten sprießt es aus der Zwiebel heraus, blüht und zieht sich wieder in die Zwiebel zurück.

Verwandt mit dem Schneeglöckchen ist die Frühlingsknotenblume, Leucojum vernum, auch Märzenbecher genannt. Sie ist größer und stämmiger als das Schneeglöckchen und ihre sechs Blütenblätter sind alle gleich gestaltet.

Eine weitere Verwandte ist die Narzisse, die in einem eigenen Kapitel beschrieben wird.

Stechpalme

Stechpalme in der Literatur

Auch die Stechpalme, englisch Holly, erwähnt Shakespeare nur an einer einzigen Stelle in seinen Stücken. Sie kommt in einem Lied vor, das von der Undankbarkeit der Menschen handelt, und mit „Blow, blow, thou winter wind“ beginnt:

„Heigh-ho, sing heigh-ho!
Unto the green holly,
Most friendship is feigning,
most loving mere folly.
Then heigh-ho, the holly!“

„He-ho, singt he-ho, singt dem grünen Ilex. Meist ist Freundschaft Schein, meist Lieben bloße Narretei. Dann he-ho, der Ilex.“
(As you like it, dt: Wie es Euch gefällt, Akt 2, Szene 7, Zeile 174)

Die obige Reclam-Übersetzung ist auf Anhieb nicht recht verständlich. Erich Fried übersetzt „unto the green holly“ mit „Im Wald wohnt die Wahrheit“.
In der Übersetzung von Schlegel heißt es „Den grünenden Bäumen, … Drum heisa den Bäumen!“
Damit wird klarer, dass Shakespeare im Wald – in der Stechpalme – meiner Meinung nach ein Stück Wahrhaftigkeit sieht, im Gegensatz zur Menschenwelt in seinem Schauspiel.

Auch wenn Shakespeare die Stechpalme nur an der einen Stelle erwähnt, soll sie damals auch in England durchaus beliebt gewesen sein, zum einen als attraktive und undurchdringliche Hecke, zum anderen als Symbolpflanze im Weihnachtsschmuck, da sie immergrün ist und schöne rote Beeren trägt.

In der Literatur gibt es dazu zahlreiche Verweise – und zwar aus allen Teilen der Welt und zurück bis in die Antike. Die Stechpalme sollte vor allem Böses vom Haus fern halten. Vermutlich wurde sie wegen ihrer stachligen Blätter dazu auserkoren. Außerdem wurden Pflanzen, die den Winter über grün blieben, als Symbol für Unsterblichkeit gesehen.

Die Pflanze ist in verschiedenen Naturräumen Deutschlands verbreitet, in Bayern nur an wenigen Stellen in den Alpen und im Alpenvorland.
Der Name Ilex leitet sich von dem lateinischen Namen der Steineiche, Quercus ilex, ab, die ähnliche Blätter besitzt.

Auch Goethe war die Stechpalme bekannt. Er hatte laut Wikipedia sogar einen Spazierstock aus ihrem Holz. In seinen teilweise recht frechen Gedichten „Parabolisch“ schreibt er:
„Im Vatikan bedient man sich Palmsonntag echter Palmen… … Muß im Gebirg zu diesem Brauch Stechpalmen gar verwenden.“
In seiner nicht immer ganz respektvollen Charakterisierung der Lieder aus „Des Knaben Wunderhorn“  kann man auch lesen, dass im „Bayrischen Alpenlied“ mit dem Palmbaum die Stechpalme gemeint ist. Er schreibt: „Allerliebst, nur wird man vonherein irre, wenn man nicht weiß, daß unter dem Palmbaum die Stechpalme gemeint ist“. Hier die ersten beiden Strophen des Lieds:

„Der Franz läßt dich grüßen
Gar hoch und gar fest,
Vom Palmbaum hoch sprießen
Gar vielerley Aest.
Mit grünblauer Seiden
Ein Kränzlein hängt dran,
Drum sollt du wohl meiden
Ein anderen Mann.“

Viel gäbe es noch zu sagen, vielleicht noch ein Detail, das mir vorher nicht bekannt war. Hollywood verdankt seinen Namen der Stechpalme, die in der englischen Sprache Holly heißt.